Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war schon in der Weimarer Republik eine große linke Solidaritätsorganisation mit etwa einer Million Mitgliedern. Nach dem Verbot im Frühjahr 1933 arbeiteten viele RHD-AktivistInnen, darunter auch auffallend viele Frauen, in der Illegalität weiter - teils in losen Zusammenhängen, teils in gutvernetzten Gruppen. Die Rote Hilfe sammelte Spenden für die zahllosen KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen, klärte mit Flugblättern und Zeitungenüber den NS-Terror auf und brachte politisch Verfolgte heimlich über die Grenze ins Exil, wo die EmigrantInnen von den Auslandsbüros der RHD versorgt wurden. Selbst nach der offiziellen Auflösung der Roten Hilfe Deutschlands im Jahr 1938 führten dezentrale Strukturen die Unterstützung für die Verfolgten fort.
Mit dem Vortrag im Roten Foyer am 6. März 2020 soll der heute fast vergessene Widerstand der Roten Hilfe gegen den NS-Terror in Erinnerung gerufen werden.Einen Schwerpunkt wird die Referentin Silke Makowski (Hans-Litten-Archiv) auf Personen und Zusammenhänge der lokalen Rote-Hilfe-Geschichte legen. So auf Siegfried (Friedel) Baruch. Friedel lebte mit seinen Eltern und vier Geschwistern in der Düsteren-Straße10/11, sein Vater Abraham betrieb hier eine koschere Schlachterei. Die Baruchs waren Angehörige einer niederländisch-deutschen Familie jüdischer Herkunft, die von 1901 bis 1933 in Göttingen lebten. Abrahams Enkelin Jet Baruch erinnerte sich bei einem Besuch Anfang der 2000erJahre in Göttingen: „Seine jüdische Herkunft spielte für ihn keine Rolle mehr, er war assimiliert und Sozialist“. Friedel war seit 1930 aktives Mitglied der KPD, 1931 studierte er an der Universität Hamburger. Zusammen mit 11 weiteren kommunistischen Schulungsleitern wurde Barucham 15.1.1932 in Hamburg festgenommen und zu 15 Monate Gefängnis wegen„hochverräterischen Maßnahmen" verurteilt. Im März 1933 wurde er als„lästiger Ausländer“ in die Niederlande abgeschoben. Die Rote Hilfe in Amsterdam versorgt den mittellosen Genossen. Bis Anfang 1938 arbeitete Friedel Baruch für die Internationale Rote Hilfe, im Anschluss für die CPN, die Kommunistischen Partei der Niederlande und ihre Zeitung, das„Volkstageblatt". Anders als vielen Mitgliedern seiner Familie gelang es Friedel Baruch sich vor den deutschen Besatzern mit falschen Papieren und mit Hilfe von Freund*innnen und Genoss*innen zu verstecken. Weitere Informationen zur Familie Baruch finden sich auf der Internetseite der Geschichtswerkstatt Göttingen
Nicht ganz zufällig findet der Kneipenabend mit Vortrag zur historischen Roten Hilfe im März statt. Ein Blick soll auf den bevorstehenden 18.März geworfen werden. Dieser wurde 1996 als „Kampftag für die Freiheit der politischen Gefangenen“ von der Initiative Libertad! ausgerufen und wird seither von der Roten Hilfe und vielen Gruppen der radikalen Linken begangen. Bundesweit finden Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen statt. In den zurückliegenden Jahrzehnten sind vor allem Genoss*innen aus türkischen und kurdischen Organisationen von Gefängnisstrafen in Deutschland betroffen. Seit dem G20-Gipfel vor 2 ½Jahren in Hamburg rückt die Knast-Realität wieder Stärker in den Horizont der deutschen Linken. Die Härte der sozialen Kämpfe in Frankreich oder die Befugnisse der neuen Polizeigesetze in Deutschland lassen erahnen, dass Haft und Gefängnis für die Linke kein Gipfelphänomen bleiben wird. Das gewichtige Thema des Vortragabends im Roten Foyer am 6.3.2020 wird aufgelockert durch Biere, Limonaden und Kneipenstimmung.
Rotfront, Shalom und willkommen!