Nun ist es bald soweit, die WM wird in Brasilien starten und die ganze Welt wird sich wie immer in einem Mix aus Fußballbegeisterung und nationaler Gesinnung ins Getümmel stürzten. Es soll in diesem Text jedoch nicht um die schon oft hervorgebrachten Kritiken an dem System „FIFA“ oder den „Nationalismen“ gehen, die insbesondere zur WM wieder aufkeimen. In Brasilien spielt sich zur Zeit etwas anderes ab, dass für den gesamten Bereich Lateinamerikas schwerwiegende Folgen haben könnte. Als 2013 die Massenproteste gegen die Regierung und die extrem hohen finanziellen Ausgaben für die WM begannen, ahnten die meisten nicht, in welchem Umfang sich die Proteste entwickeln sollten. Angefangen hatten die Proteste gegen eine Erhöhung der Busfahrpreise in verschiedenen Städten Brasiliens. Diese Proteste wuchsen mit der Zeit und aus der anfänglichen Forderung nach der Senkung wurde später eine Forderung nach Transparenz der Preisgestaltung, um z.B. etwaiger Korruption entgegenzuwirken und diese sichtbar zu machen.

Diese Stimmung wurde in vielen Teilen dann auch auf die Anti WM Proteste übertragen. Es ging den verschiedenen Akteuren der Proteste nicht mehr um ein stumpfes „dagegen“ sondern auch um Probleme im eigenen Land. Bereiche wie Bildung, Wohnraum, Infrastruktur, Korruption etc. wurden in den unterschiedlichsten Formen aufgegriffen.

Die Reaktion der Regierung und der Polizei war ein Desaster. Während die Polizei in gewohnter Manier mit Schlagstöcken, Tränengas, Elektroschockern und Pferden gegen die Demonstranten vorging, kam von der Regierung lange nichts. Es sollte von alleine vergehen der Spuk. Die Leute würden sich schon wieder beruhigen, so der Gedanke. Doch es kam anders: die Proteste entwickelten sich zu den größten in der Geschichte Brasiliens seit Ende der Militärdiktatur in den 1980-er Jahren.
Dann versprach die Regierung Reformen. Im Ansatz war dies jedenfalls ein Fortschritt zu der vorherigen Enthaltung, doch waren die Vorschläge eher wage formuliert und gingen in vielen Punkten an den Forderungen der DemonstrantInnen vorbei.

Die Proteste wurden in folge dessen zwar schwächer, doch blieben ein konstanter Teil der Vorbereitungen zur WM.
Den Tod eines Journalisten in Rio de Janeiro nahmen rechtskonserative Politiker dann zum Anlass ein neues Gesetz einzubringen, welches die gewaltsamen Proteste oder Aufrufe zu diesen als Terrorismus einstuft und auch mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraften kann. Auch Teile der regierenden linken PT (Partei der Arbeiter), die seit mehreren Wahlperioden die Präsidentin stellt, waren für eine solche Regelung. Mit diesem Gesetz wird faktisch das Recht auf freie Meinungsäußerung extrem erschwert bis unmöglich gemacht. In weiten Teilen ist dort nur „schwammig“ formuliert was denn genau einen Aufruf zu gewaltsamen Protesten ausmacht. Große Teile der Bevölkerung sind nach den schweren Ausschreitungen der Polizei aus Angst vor eben dieser nicht wieder auf die Strasse gegangen. Polizeigewalt wird in Brasilien nicht wirklich verfolgt, die Korruption tut ihr übriges. Mit dem neuen Gesetz würden die Einheiten quasi eine Blankovollmacht dafür bekommen jedweden unliebsamen Protest einfach zu zerschlagen und die Menschen über Jahre hinweg einzusperren. Es gibt schon länger Gerüchte über „Agent Provokateur“ innerhalb der ansonsten meist friedlichen Demonstrationen. Durch das neue Gesetz wäre es ein leichtes auf diese Weise längerfristig einen organisierten Protest zu verhindern.

Was hat das jetzt mit der Roten Hilfe in Deutschland zu tun?

Seit den Vorbereitungen gibt es eine Kooperation mit internationalen Sicherheitsbehörden, auch mit deutschen. So gab es in diesem Jahr u.a. ein Treffen der B.O.P.E einer Spezialeinheit der brasilianischen Polizei, die im staatlichen Auftrag in den Favellas Menschen gezielt tötet und für Folterungen bekannt ist, und deutschen Spezialkräften in Hannover.. Außerdem reisen Berater für Sicherheits- Architektur und Aufstandsbekämpfung aus allen Teilen der Welt nach Brasilien, wobei die USA und Deutschland einen beachtlichen Teil stellen. Somit wird dem brasilianischen Staat signalisiert, dass das neue Gesetz und die systematischen Menschenrechtsverletzungen nicht nur in Ordnung sind, sondern es wird auch  aktiv geholfen die Einheiten, die solche Verbrechen begehen zu schulen. Möglich machen dies u.a. de Auflagen der FIFA zum Thema Sicherheit. So muss Brasilien in Sicherheitssysteme investieren und die Personen schulen, da ansonsten die Ausrichtung der Spiele nicht begonnen werden kann. Das dies einen relativ lukrativen Markt für den Absatz von entsprechender Ausrüstung und Beratern hervorbringt, braucht nicht extra erwähnt zu werden.

Es ist nicht vertretbar, dass in Deutschland staatliche Terrorkommandos geschult werden, die ohne die Zustimmung von Richtern, nur für das gezielte töten und Foltern von Menschen eingesetzt werden.

Feuer und Flamme der Repression!
Rote Hilfe OG Göttingen