Pressemitteilung Rote Hilfe Göttingen zu den Vorfällen am 18. März
Die Rote Hilfe Ortsgruppe Göttingen sieht sich Aufgrund von „unvollständigen“ Presseberichten in der Pflicht einige Dinge klarzustellen.
Am vergangenen Samstag, dem 18. März, gab es eine vom Welcome2Stay Bündnis angemeldete Kundgebung vor dem alten Rathaus in der Göttinger Innenstadt. Kurz vor Beginn der Veranstaltung versammelten sich mehrere Nazis vom sogenannten „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ in der Bäckerei Thiele. Als die Veranstaltung begann, verließ die Gruppe die Bäckerei und fing an die Kundgebung und deren Teilnehmer*innen abzufilmen. Die anwesende Göttinger Polizei schritt hier nicht ein und lies die Nazis gewähren, trotz der Kritik die sie gerade erst erhalten hatte, als es letzte Woche zu einem ähnlichen Vorfall kam, bei dem aus einer Kundgebung des Freundeskreises heraus die Teilnehmer*innen der Gegenkundgebung gefilmt und fotografiert worden waren. Diese „Portraitaufnahmem“ wurden später auf sozialen Netzwerken veröffentlicht. Obwohl die Polizei aufgefordert worden war einzugreifen und das abfilmen zu unterbinden, konzentrierte sie sich lediglich auf den Schutz des Freundeskreises.
Zum Schutz der Welcome2Stay Veranstaltung und der Teilnehmer*innen machte eine Gruppe von Antifaschist*innen lautstark auf die Nazis aufmerksam und forderte diese auf das Filmen zu stoppen und den Ort zu verlassen. Das nahm die bis dahin untätige Polizei zum Anlass für die Nazis Partei zu ergreifen, in dem die anwesenden Antifaschist*innen abgedrängt und bedroht wurden, während die Nazis nicht mal auf auf verbotene Gegenstände durchsucht wurden, was nach dem bewaffneten Angriff vor einigen Wochen, bei dem Mitglieder des Freundeskreises mit Messern und Ketten bewaffnet nach Göttingen kamen, absolut angebracht gewesen wäre.
Auch die Bäckerei Thiele machte keinen Gebrauch von ihrem „Hausrecht“ und ließ die Nazis ungestört in ihrem Laden verbleiben. Kurz vor Ende der Welcome2Stay Kundgebung rückte dann die für ihren oft brutalen Einsätze bekannte BFE (Beweissicherungs- und Festnahme Einheit) aus Hannover an, um ohne Rücksicht auf umher stehende Menschen die Nazis in Polizeifahrzeugen aus der Innenstadt zu eskortieren.
In einigen der veröffentlichten Pressemitteilungen zu den Ereignissen wird es so dargestellt, als ob eine friedlich kaffeetrinkende Gruppe ohne Anlass von vermummten Personen angegriffen wurde und nur durch das Eingreifen der Polizei schlimmeres verhindert werden konnte. Diese Darstellungen sind nicht richtig und bilden weder die Gefahrenlage noch die Untätigkeit der Polizei richtig ab.
Mehrmals wurden Teilnehmer*innen der Kundgebung von ausländischen Studierenden der Universität Göttingen angesprochen ob die Situation für sie denn überhaupt sicher sei wenn die Polizei nichts gegen die Anwesenheit der Nazis unternehmen würde. Diese bedrohliche Stimmung wurde von der Polizei Göttingen über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten, da sie sich in Nähe der Kundgebung mit Fahrzeugen postierte und, anstatt die Situation möglichst schnell aufzulösen, die Nazis fast über die gesamte Dauer der Welcome2Stay Kundgebung hinweg hofierte.
Auch die Bäckerei Thiele muss den Vorwurf gefallen lassen über Stunden gewalttätigen Nazis Unterschlupf gegeben zu haben, obwohl sie jederzeit ein Hausverbot hätte aussprechen können.
Insgesamt hat sich am Samstag wieder einmal gezeigt, das die Göttinger Polizei alles daran setzt die Situation vollkommen eskalieren zu lassen, in dem sie nichts gegen teilweise bewaffnete Nazigruppen unternimmt, gleichzeitig aber jeden kleinen Anlass nutzt um gegen Antifaschist*innen vorzugehen. Auf seiner Facebook Seite veröffentlichte der Freundeskreis sogar Videos aus den Polizeiautos heraus, die eingesetzten Beamt*innen hat das offenbar nicht gestört. Auch wurde dem Kreistagsabgeordneten Ramaswamy und seiner Familie erneut indirekt über Facebook gedroht.
Im Hinblick auf den angekündigten Naziaufmarsch am 01.04.17 fordern wir daher auf wachsam zu bleiben, denn konsequenter Selbstschutz ist momentan nötig. Allen Antifaschist*innen sollten auf sich und andere auf passen und verdächtigte Aktivitäten melden, denn von Seiten Polizei wird es außer Lippenbekenntnissen nicht viel geben.
Bei unklaren Fällen, auch was von Nazis veröffentlichte Fotos angeht, möchten wir alle betroffenen und interessierten Personen zu den Sprechstunden der Roten Hilfe Göttingen einladen, die jeden ersten und dritten Mittwoch des Monats um 19:30 im Roten Hilfe Haus stattfinden.