Am 09.06.2010 fand vor dem Landgericht eine Berufungsverhandlung eines Göttinger Antifaschisten statt, dem "versuchte Anstiftung zur Nötigung" vorgeworfen worden ist und der in erster Instanz durch das Amtsgericht Herzberg verurteilt zu einer kräftigen Geldstrafe worden ist. Konkret wurde ihm vorgeworfen als Ordner verantwortlich für einen versuchten Durchbruch einer Demo in Bad Lauterberg zu sein.

Nähere Informationen dazu findet Ihr hier:

Ein Zeuge, ein Gehör, ein Gedächtnis...

Herr POK Hans-Jörg K. aus Hannover ist - wie er zu betonen nicht müde wurde - ein hervorragender Polizist mit ausgezeichneten Fähigkeiten im Beobachten und im Merken von Gesichtern und verdächtig(t)en Subjekten.  Was genau übrigens seine Aufgabe war, wollte er aus "polizeitaktischen Gründen" nicht verraten. Analysieren kann er außerdem und war somit in der Lage, genau zu ermitteln wie so eine antifaschistische Demonstration ("Aufzug" in amtsdeutsch) funktioniert - seine Sicht stellt sich etwa wie folgt dar (Texte in Anführungszeichen stellen wörtliche Äußerungen dar):

Verschiedene Ordner-Subjekte begleiten den Aufzug an festgelegten Positionen. Diese Ordner-Subjekte stehen hierarchisch über den TeilnehmerInnen des Aufzugs.

Der Aufzug wurde von dem "schwarzen Block" angeführt. Allerdings war die Trennung zwischen Schwarzem Block und der restlichen Demo nicht einfach festzustellen, weil eigentlich alle Demonstrierende dunkel gekleidet waren. Im Zweifelsfall besteht der Schwarze Block aus jenen Subjekten, die sich hinter Seitentransparenten bewegen.

Der Angeklagte seinerseits befehligte als Ordner den Schwarzen Block. Das war durch POK K. deutlich zu beobachten, denn er verließ mehrfach "seine Position" und bewegte sich mehrfach an die Spitze des Aufzugs, "wo er dann mit dem Schwarzen Block kommunizierte" - "Man merkte schon, dass er was zu sagen hat!"

Dass er tatsächlich etwas "zu sagen" hatte, sah offenkundig auch der Schwarz Block so, denn immer "wenn Herr X. vorne war, bildete sich sofort eine Traube um ihn, die ihm zuhörten oder von seinen Lippen gelesen haben" und es "gingen Lauffeuer durch die Reihen."

Schließlich konnte er konstatieren, dass "jedesmal" nach einem solchen Gespräch mit dem Schwarzen Block "Störaktionen" stattfinden. Was für Störaktionen (anderweitig nämlich nicht überliefert) das aber eigentlich gewesen sein sollen, wusste der POK dann auch nicht so genau, aber die Demo ist wohl auch schon mal "stehengeblieben" (schlimm!).

Und schlußendlich konnte der POK hören, wie der Angeklagte dem Schwarzen Block den Befehl erteilte, an einer der nächsten Straßenkreuzung abzubiegen und "durchzubrechen". Damit der vermummte POK (aufgrund der Witterung hatte er seinen Kragen hochgeschlagen und die Mütze über die Ohren gezogen) dies hören konnte, musste er erst dicht an den Chef-Ordner herantreten, was dieser aber nicht bemerkte. Also konnte er genau den Satz hören "an der nächsten Straße rechts brecht ihr durch!". Wobei, bei genaueren Nachfragen, war er nicht sicher, ob diesen Satz in ganzer Länge verstanden hat. Eigentlich konnte er sich an den Wortlaut auch nicht mehr genau erinnern... Aber die Worte "nächste Straße" und "durchbrechen", die seien auf jeden Fall, ganz bestimmt sogar, gefallen...

... und ein Urteil...

So lächerlich diese Sichtweise und diese Äußerungen auch klingen mögen - sie (und nur sie!) reichten aus, um den Richter und zwei Schöffen überzeugen zu können, die die Berufung verwarfen. Weitere "Beweise" gab es nicht.

Da war doch noch etwas...?

Ließen sich Staatsanwalt und Richter doch von dem Angeklagten beeindrucken? Wollten Sie den an sich skandalösen Prozess doch ein wenig relativieren? -  Sowohl der Staatsanwalt wie auch der Richter beeilten sich, am Anfang ihres Plädpyers bzw. der Urteilsbegründung zu betonen, wie legitim die ablehnende Haltung zum Faschimus, ja, auch Demos gegen Nazis seien und dass diese Haltung ganz bestimmt nicht der Vorwurf an den Angeklagten sei. Na, dann...

Spendenkonto

Die beiden gescheiterten Prozesse sowie die Geldstrafe in nicht unerheblicher Höhe (50 Tagessätze) stellen natürlich eine enorme Belastung für den Genossen dar. Wir bitten daher um Spenden auf unser Sonderkonto "Antifaschismus":

Rote Hilfe Göttingen

Sparkasse Göttingen (BLZ 260 500 01)

Konto-Nr. 135020

Zweck "Antifaschimus"

Donnerstag, 10. Juni 2010, 20:00
im Theaterkeller (Geismar Landstr. 19)

Hausdurchsuchungen, Telefon- und E-Mail-Überwachung, Einblick in Kontobewegungen, monatelange Personen- und Wohnungsobervationen, Peilsender an PKW … die Palette der polizeilichen Sonderbefugnisse bei Ermittlungsverfahren nach §§129 a und b StGB bieten fast alles, was das Herz staatlicher Überwacher_innen höherschlagen läßt. Anders als bei „normalen“ Strafverfahren müssen den §§129, 129a und 129b StGB keine Straftat zugrundeliegen – es handelt sich um Organisations- und Gesinnungsparagraphen, mit deren Hilfe Gruppen und Netzwerke durchleuchtet und kriminalisiert werden können.
Der Vortrag wird die Geschichte dieser Gesinnungsjustiz vom Kaiserreich über den Faschismus bis heute nachzeichnen und aufzeigen, welche Kontinuitäten im Kampf gegen linke Bewegungen und Gruppen der politischen Verfolgung zugrundeliegen.
Bei dieser Reise durch die Geschichte der Gesinnungsparagraphen werden wir auf einige Bekannte treffen, die mit derartiger Kriminalisierung mundtot gemacht werden sollten: Die republikanischen Demokrat_innen von 1848, die revolutionäre Sozialdemokratie von Bebel und Liebknecht, Kommunist_innen und Antifaschist_innen in der Weimarer Republik und im Faschismus, die Friedensbewegung und die KPD in der Adenauerära, ab den 1970ern auch Hausbesetzer_innen, Frauenbewegung, Anti-AKW-Bewegung, kurdische und türkische Linke, Antiglobalisierungsbewegung – und immer wieder linke Drucker_innen, Zeitungen und Buchläden, die linke Artikel und Texte abgedruckt und verbreitet haben.

Eine gemeinsame Veranstaltung von:

Rote Hilfe OG Göttingen
SDAJ Göttingen
www.secarts.org

Die Ortsgruppe Göttingen hat ein Spendenkonto für die Betroffenen der Hausdurchsuchung in der Roten Straße angelegt.

Am Abend des 27. Januars stürmte ein Großaufgebot der Polizei eine Wohngemeinschaft  des Wohnprojekts Rote Straße.  Hierbei wurden die Zimmer der BewohnerInnen ohne deren Beisein oder die Vorlage eines Durchsuchungsbeschlusses durchsucht und u.a. Computer beschlagnahmt.

Die Polizei wirft den HausbewohnerInnen einen Zusammenhang mit einem ungeklärten Brand im Göttinger Kreishaus vor.  Anlass der Hausdurchsuchung war eine Spur die ein Schnüffler vom Kreishaus zur Roten Straße verfolgt haben will.

Die Rote Hilfe Ortsgruppe Göttingen verurteilt das Vorgehen der Polizei und sieht es als Angriff auf die Linke in Göttingen und  auf selbstverwaltete Strukturen und emanzipatorische Politik.

Mehr Infos unter: http://redstreet.blogsport.de/

Für die politische Arbeit und die  Kosten für Anwälte etc. brauchen die Betroffenen eure Unterstützung.

Spendet also zahlreich auf unser folgendes Konto:

 

Rote Hilfe  Göttingen

Sparkasse Göttingen (BLZ 260 500 01)

Konto-Nr.: 135020

Zweck "Rote Straße"

Donnerstag, 27. Mai 2010, 20:00
im Theaterkeller (Geismar Landstr. 19)

Am 18. März 1871 erhob sich das Pariser Proletariat und jagte die bürgerliche Regierung zum Teufel. Erstmals in der Geschichte lag die militärische und politische Macht in den Händen der arbeitenden Klasse, die umgehend begann, grundlegende soziale und politische Veränderungen vorzunehmen: Trennung der Kirche vom Staat, Kollektivierung von Fabriken, Abschaffung der alten Repressionsorgane, Freilassung der politischen Gefangenen, rechtliche und politische Gleichstellung der Frau usw.

Am 21. Mai 1871, also knapp 2 Monate nach Ausrufung der Commune, gelang es den bürgerlichen Truppen, in die Stadt Paris einzudringen und die Macht über die Hauptstadt wieder an sich zu reißen. Die folgenden Tage wurden als "Blutwoche von Paris" bekannt: In schierer Raserei nahm die Bourgeoisie blutige Rache am Pariser Proletariat und ermordete in Massenexekutionen über 30.000 Kommunard_innen, weitere 40.000 wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen und zur Deportation nach Neukaledonien verurteilt. - Die Pariser Commune hatte aber allen deutlich vor Augen geführt, daß das Proletariat keine bürgerlichen Ausbeuter_innen benötigt und seine Angelegenheiten ganz gut selbst in die eigene Hand nehmen kann.
In Erinnerung an diese Pariser Blutwoche haben wir einen Vortrag vorbereitet, in dem wir die Entstehung der Commune, die politischen und sozialen Fortschritte der Commune sowie die Niederschlagung und Kriminalisierung der Kommunard_innen beleuchten. Außerdem wird erklärt, was der von der Internationalen Roten Hilfe 1922 eingeführte "Tag der politischen Gefangenen" (18. März) mit der Pariser Commune zu tun hat und warum wir auch heute noch den 18. März als Aktionstag begehen.

Eine gemeinsame Veranstaltung von:

Rote Hilfe OG Göttingen
SDAJ Göttingen
www.secarts.org

Am 11.12.2009 wurde der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) Berlin per einstweiliger Verfügung des Landgerichts Berlin untersagt, sich weiterhin als Gewerkschaft oder Basisgewerkschaft zu bezeichnen oder Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen. Dieses faktische Gewerkschaftsverbot ist der Höhepunkt einer Auseinandersetzung der Neue Babylon Berlin GmbH (ein halbkommunales Kino in Berlin Mitte) mit der FAU Berlin nach einer ganzen Reihe von Versuchen, gegen diese als die stärkste und aktivste ArbeiternehmerInnen-Vereinigung im Betrieb juristisch vorzugehen.

Das Landgericht Berlin folgte – ohne mündliche Verhandlung – der Argumentation der Neue Babylon Berlin GmbH, dass der FAU Berlin bereits im Oktober der Gewerkschaftsstatus aberkannt worden sei. In diesem Urteil ist der FAU Berlin zwar der Boykott des Kinos untersagt worden, die Eigenschaft als Gewerkschaft hatte indes nicht zur Disposition gestanden.

Mit dieser Verfügung ist erstmals in der deutschen Rechtssprechung nach dem Faschismus einer Organisation die Bezeichnung und Betätigung als Gewerkschaft verboten worden. Das erscheint umso frappierender, als dass diese Organisation seit gut einem Jahr einen effizienten Arbeitskampf geführt und damit letztlich Tarifverhandlungen erzwungen hatte.

Mittlerweile hat der Konflikt eine neue Zuspitzung erfahren. Die Babylon-Geschäftsleitung hat am 18.01. dieses Jahres nun beim Gericht beantragt, ein Ordnungsgeld (bis zu 250.000 Euro!!) oder ersatzweise Haft gegen die Sekretäre (bis zu sechs Monate) der FAU zu verhängen. Angeblich habe die FAU Berlin gegen die Unterlassung verstoßen und sich sinngemäß weiter als Gewerkschaft präsentiert. Sollte dies durchgehen, könnte dies wohl das erste Mal in der BRD-Geschichte sein, dass Menschen für die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen in den Knast gehen.

Weitere Infos unter www.fau.org/verbot, http://prekba.blogsport.de und http://de.indymedia.org/2010/01/271364.shtml.

Die Ortsgruppe Göttingen der Roten Hilfe hat sich bereits mit den GenossInnen der FAU Berlin solidarisch erklärt und zudem ein Sonderkonto zur Unterstützung der FAU Berlin eingerichtet:

Rote Hilfe Göttingen

Sparkasse Göttingen (BLZ 260 500 01)

Konto-Nr. 135020

Verwendungszweck »FAU-Verbot«